Anfuehrungszeichen

Emma sitzt am Schreibtisch und blickt konzentriert in ihr Englischheft. „Bring, brought, brought“, sagt sie gedanklich immer wieder zu sich. So lange, bis sie die Worte eingeprägt hat. Eine Stunde später hat die Schülerin alle Vokabeln durch und geht spielen. Als sie mit vom Wind zerzausten Haaren nach Hause kommt, möchte ihre Mutter die Vokabeln nochmal abfragen – schließlich steht bald ein Test an.

Schon bei der dritten Vokabel kommt Emma ins Grübeln, sie fällt ihr nicht mehr ein. Ihre Mutter ist verärgert: „Hast du nicht genug gelernt?“. Emma protestiert, natürlich hat sie gelernt. Das Problem: Mit stumpfem Auswendiglernen arbeitet sie gegen die natürliche Funktionsweise ihres Gehirns. Denn das hat ganz eigene Lern-Bedürfnisse, die oft nicht berücksichtigt werden.

Wie lernen wir eigentlich?

Je mehr Sinne wir beim Lernen einsetzen, desto besser.

Betrachten wir zunächst einmal, wie das menschliche Gehirn Informationen, wie die Vokabeln von Emma, überhaupt aufnimmt und verarbeitet: Äußere Reize (Vokabeln) aktivieren über unsere Sinne die Synapsen im Gehirn. Über diese wird dann jede Information weitergetragen – von Nervenzelle zu Nervenzelle. Je mehr Nervenzellen und Synapsen aktiviert werden, desto tiefer verankert sich die Information im Gehirn. Das bedeutet, je mehr Sinne wir beim Lernen einsetzen, desto mehr Verbindungen entstehen im Gehirn, und desto besser können wir uns das Gelernte merken. Das nennt man mehrkanaliges Lernen.

Wenn Kinder beim Pauken mehrere Bereiche des Gehirns aktivieren – also Bereiche, die fürs Lesen, Sprechen, Hören und Schreiben verantwortlich sind – wird der Lernstoff besser abgespeichert. Hören wir Informationen nur, können wir diese nicht so gut einprägen, als wenn wir diese zusätzlich gelesen, aufgeschrieben oder aufgesagt haben. Verknüpfen wir Lerninhalte noch mit Geschichten, Bildern und Emotionen, wirkt das nachhaltig. Denn lernen Kinder interessiert, also suchen sie aktiv und selbstständig nach einer Lösung, sorgt das für ein langfristiges Aha-Erlebnis im Gehirn.

Wie Kinder & Jugendliche lernen.

Ob Harry Potter Zaubersprüche oder Pferderassen: Andere Sachen können sich Kinder viel besser merken. Wieso nur?

Alle Eltern kennen das: Während Vokabellernen ein einziger Krampf sein kann, klappt das Lernen bei außerschulischen Interessen reibungslos. Interessiert sich ein Kind für Pferde, saugt es jegliches Wissen dazu in sich auf. Und zwar mehrkanalig. Das passiert automatisch, sobald sich ein Kind für ein Thema interessiert und intuitiv Lernstrategien einsetzt, um sich alles merken zu können. Dann sagt das Kind aus dem Effeff die verschiedenen Rassen auf, welche Besonderheiten es bei Pferden gibt und so weiter. Kleinere Kinder lernen nämlich noch im Entdeckermodus und setzen sich intensiv mit den Inhalten auseinander – in Büchern, Kassetten oder über Filme und Gespräche. Auch in der eigenen Fantasie, wobei innere Bilder generiert und weiter verankert werden.

Bei älteren Kindern oder Jugendlichen sieht das anders aus. Durch den Leistungsdruck und das schulische Lernen, was oft das stumpfe Pauken beinhaltet, tritt der Entdeckermodus und das Einsetzen von intuitiven, aktiven Lernstrategien in den Hintergrund. Ziel ist dann meist nur noch, sich alles Wissen in den Kopf zu kloppen und zu hoffen, dass so viel wie möglich bis zum nächsten Test hängenbleibt. Dabei gibt es viele Möglichkeiten – und noch mehr aktive Lernübungen –, die Kinder leichter und sogar mit Freude lernen lassen.

Wie wir gehirnfreundlich lernen.

Um nachhaltig und leichter lernen zu können, müssen wir uns die Lern-Vorlieben unseres Gehirns zunutze machen. Dazu gestalten wir jeden Lernstoff so um, wie das Gehirn es mag: bunt, vielseitig, strukturiert und spannend muss es sein. Das stumpfe Auswendiglernen kann also zum einen durch das Anfertigen von Mind-Maps oder bunten Plakaten ersetzt werden, bei denen das Wissen gegliedert und durch unterschiedliche Farben strukturiert wird – und zwar mehrkanalig über Sehen, Schreiben, Lesen. Auch „Merkgeschichten“ zu spinnen, die die Informationen in eine Story einbetten und mit Emotionen und Assoziationen verknüpfen, unterstützen das Gedächtnis.

Zum anderen helfen Lernübungen, jeglichen Lernstoff fachunabhängig so aufzubereiten, wie das Gehirn es braucht. Dank solcher Methoden erarbeiten sich Schulkinder die Aufgaben selbstständiger und suchen wieder aktiv nach einer Lösung. Das hat viele positive Effekte auf den Lernalltag des Kindes: Es lernt selbstwirksam, vertraut stärker in die eigenen Fähigkeiten, lernt gelassener und motivierter. Schon vor vielen Jahren hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) deshalb das „Lernen lernen“ – so lernen, wie das Gehirn es braucht – zu einer der wichtigsten Zukunftskompetenzen erklärt.

Extra-Tipp: Emma hätte sich die Vokabeln viel besser merken können, wenn sie diese auch spielerisch lernt. Zum Beispiel, indem ihre Mutter auf jede Treppenstufe im Haus eine Karteikarte legt und Emma sich bei jedem Treppengang selbst abfragt – Stufe für Stufe.

Anfuehrungszeichen

1. Entspannt zu besseren Noten trotz Lockdown & Co.? Lerntechniken helfen! 

Darum geht´s: Gerade im zweiten Halbjahr geht es nebst allem anderen Stress rund um Homeschooling, Wechselunterricht und Co. um versetzungsrelevante Noten, das stresst einige Kindern und Eltern zusätzlich. Auch wenn wir wissen: Noten sagen nicht alles über unsere Kinder, wünschen wir uns natürlich trotzdem, dass die Noten stimmen, damit das Kind den passenden Schulabschluss hat, den Traumberuf erreicht etc. Was hilft?

Unsere Empfehlung: Lerntechniken! Die Chance nutzen und jetzt etwas vermitteln, das dem Kind beim Lernen nachhaltig hilft: Lerntechniken, also Strategien und Techniken, mit denen Kinder das Lernen selbstständig meistern und entspannter lernen. Im zweiten Halbjahr – und darüber hinaus. 

Hintergrund: Warum gerade jetzt? Die OECD wies nach, dass Kinder, die das Lernen gelernt haben, besser durch den ersten Lockdown kamen – und insgesamt erfolgreicher sind in Schule und Beruf. Lerntechniken sind darauf ausgelegt, Kinder zu befähigen, Stoffe selbstständig, mit Spaß und Leichtigkeit zu erobern. Anders als viele andere Lösungen wie Nachhilfe setzen sie auf eine nachhaltige Wirkung und befähigen Kinder langfristig zum Lernen, über die Schulzeit hinaus. 

Wie und wo finden wir die? Z.B. im Familienseminar der Akademie, das kostenlos in regelmäßigen Abständen stattfindet. Mehr Informationen gibt’s hier.

2. Gelassenheit. Oder: Den Druck machen schon die anderen! 

Darum geht´s: Gelassen bleiben. Im Ernst? Im Ernst! Ja, mit Sicherheit die schwierigste Übung momentan. Und eine doch so wichtige! Einige Eltern werden jetzt protestieren, dass dies nicht die Zeit ist, in der man gelassen bleiben kann. Jürgen Möller sagt, warum diese gerade jetzt so hilfreich und durchaus auch angezeigt ist: „Wir bewegen uns auf einer Langstrecke. Und eine Rückkehr zur gewohnten Schul-Normalität ist nicht in Sicht. Das stresst, ebenso wie die Sorgen und die Organisation im Alltag. Verständlich! Dazu kommt Schwarzmalerei aus einigen Ecken, die mahnt, wie viel unsere Kinder verpassen. Trotzdem oder gerade deshalb: Versucht gelassen zu bleiben! Den Druck weitergeben und in Angst zu versetzen, hilft Kindern nicht. Im Gegenteil. Schon gar nicht beim Lernen…“ 

Seine Empfehlung: „Immer wieder vor Augen halten, was bereits geklappt hat und gut gelaufen ist – statt dauernd zu überlegen, was schief läuft beim Homeschooling. Ja, das vielleicht gemeinsam mit dem Kind sogar aufschreiben und über den Schreibtisch hängen: Was haben wir bisher schon alles geschafft? Gelernt? Zum Beispiel: Selbstständig den Tag planen? Video-Plattformen bedienen können? Eigenständig lernen ohne, dass einer vorne steht und alles erklärt? Und auch immer wieder angesichts der Panikmache ruhig bleiben: Wir können es aktuell nicht wissen, ob es wirklich nur Defizite geben wird. Es gibt vieles, was Kinder in diesen Zeiten auch dazu lernen …“

**Mehr von Jürgen Möller gibt’s auch in regelmäßigen Angeboten der Akademie auf Instagram oder Facebook.

3. Kinder stärken mit den richtigen Worten: Positive Kommunikation bringt´s!

Darum geht´s: Insbesondere in der Homeschooling-Phase sind Eltern und Kinder beim Lernen um einiges näher zusammengerückt, der Eltern-Kind-Dialog ist intensiver geworden. Umso schöner zu wissen, dass wir allein durch die richtigen Worte so viel für unsere Kinder tun können: Die Art, wie wir mit unseren Kindern sprechen, hat enorme Auswirkungen auf ihr Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Die richtigen Worte machen stark, nehmen den Druck, und können viel dazu beitragen, dass Kinder entspannter und erfolgreicher ans Lernen gehen.  

Unsere Empfehlung: Positive Kommunikation! Machen wir uns immer wieder bewusst, wie wir mit unseren Kindern sprechen. Indem wir z.B. die „nichts“, „keins“ oder andere negative Formulierungen wie „Angst“ und Co. meiden, können wir viel dazu beitragen, dass das Kind selbstbewusster durchs Lernleben geht – und mehr Prüfungsmut entwickelt. Also, heute Abend direkt mal ausprobieren: Statt „Keine Angst vorm neuen Halbjahr, du bist nicht schlecht vorbereitet“ eher: „Du hast dich gut vorbereitet auf das neue Halbjahr und kannst dem mutig entgegensehen“. 

**Weitere Ideen für einen entspannten, stärkenden Dialog und Übungen für Konzentration und Motivation gibt’s im Familienseminar der Akademie für Lernpädagogik (hier). Das Seminar ist aktuell kostenlos und bereitet Eltern und Kinder bestens aufs Lernen in diesen und anderen Zeiten vor. Mit Spaß & Leichtigkeit! 

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