Die Vergabe der Halbjahreszeugnisse ist in vielen Familien ein neuralgischer Punkt im Schuljahr: „Wie läuft es für mein Kind?“, „Welche Noten geben Anlass zur Freude? “ und „In welchen Fächern drückt der Schuh?“. Während sich die meisten Kinder auf die Zeugnisse freuen, ist die Zwischenbilanz in Papierform für viele Eltern mit Stress verbunden: Bloß nichts Falsches sagen und den eigenen Unmut, dass es nicht (noch) besser gelaufen ist, an den Kleinen auslassen.
Auch wenn Eltern ihr Kind am besten kennen (und intuitiv meist richtig handeln), wollen wir Gedankenanstöße geben, die helfen, den Zeugnistag gut zu meistern und anschließend gestärkt ins neue Schulhalbjahr zu starten.
Ob Noten als „gut“ oder „schlecht“ wahrgenommen werden, hängt von der jeweiligen Perspektive bzw. von der individuell formulierten Zielsetzung ab. Während in der einen Familie gefeiert wird, weil die Fünf in Mathe verschwunden und dadurch die Versetzung nicht gefährdet ist, ärgert man sich in anderen Familien über eine Drei in Kunst, die das sonst ausschließlich aus Einsern und Zweiern bestehende Notenbild „verschandelt“.
Kommt ein „schlechten Zeugnis“ – was auch immer als „schlecht“ empfunden wird – ins Haus geflattert, empfehlen wir Eltern auf keinen Fall in Panik zu verfallen, die Lage zu dramatisieren oder gar zu schimpfen. Denn das kann die Eltern-Kind-Beziehung nachhaltig beschädigen und baut für die Zukunft negativen Druck auf.
Auch die Androhung von Strafen – „Wenn deine Noten nicht besser werden, darfst du in Zukunft xy nicht mehr“ – sind völlig kontraproduktiv. Kinder, die Druck und Angst mit der Schule verbinden, blockieren und erzielen anschließend ganz sicher keine besseren Noten. Stattdessen verlieren sie die natürliche Freude am Lernen und an der Herausforderung. Und das wirkt sich – im Gegensatz zu einer schlechten Note im Halbjahreszeugnis – tatsächlich negativ auf das Leben eines Kindes aus.
Genau aus diesem Grund darf elterliche Liebe niemals an schulische Leistungen gekoppelt werden. Denn nichts hilft Kindern in einem Moment der Enttäuschung mehr, als zu wissen, dass ihre Eltern bedingungslos hinter ihnen stehen und sie, auch bei Misserfolg, keinen Liebesentzug zu befürchten haben.
Wenn Eltern mehr als nur ein Kind haben, ist zudem zu beachten, Liebe und Zuneigung gleich zu verteilen. Auf die Zeugnissituation übertragen, bedeutet dies, dass Eltern Geschwister nicht miteinander vergleichen. Der Vergleich mit den Mitschülern oder Geschwistern, die besser abgeschnitten haben, kann sehr verletzend sein. Schließlich hat das Kind ein halbes Jahr lang versucht, in der Schule sein Bestes zu geben.
Wie bereits angedeutet, ist eine gute Eltern-Kind-Beziehung der Schlüssel zur Lösung. Sie ist die Grundlage, um gemeinsam, vertrauensvoll und konstruktiv über Lösungen und Verbesserungsmöglichkeiten zu beraten. Häufig wissen Kinder, wenn Eltern sie bei der Reflektion unterstützen, sehr genau, woran es in einem bestimmten Fach gehapert hat.
Für diese offenen Gesprächen empfehlen wir Eltern, den Ressourcen-Ansatz anzuwenden. Das bedeutet, den Fokus auf das zu legen, was bereits gut läuft: „Sieh mal in Religion, Biologie und Musik hast du doch richtig gute Noten. Das hast du klasse gemacht!“ Bei diesen Gesprächen und grundsätzlich sollten Eltern das Wir-Gefühl betonen. „Du bist nicht allein. Wir unterstützen dich. Gemeinsam bekommen wir das, was du in Religion, Biologie und Musik geschafft hast, auch in den anderen Fächern hin.“
Neben dem Ressourcen-Ansatz und dem Wir-Gefühl ist es enorm wichtig, das Selbstwertgefühl des Kindes zu stärken. Kinder müssen Anerkennung für ihre schulischen Leistungen spüren. Und zwar auch bei „schlechten“ Noten. Kinder, die an sich glauben und hinsichtlich ihrer Talente und Potenziale bestärkt werden, erreichen viel mehr. Kinder, die keine Anerkennung erfahren, trauen sich hingegen weniger zu und schöpfen so traurigerweise ihre Potenziale nicht aus. Bestärken bedeutet nicht, dass Kinder ununterbrochen für alles, was sie tun, gelobt werden müssen. Es reicht aus, Interesse zu zeigen und Kinder zu motivieren, eingeschlagene Wege weiterzugehen. Beispielsweise sollten Eltern sich für die Hobbies ihrer Kinder interessieren, daran teilhaben, und diese gezielt unterstützen und fördern.
Bislang haben wir uns mit dem Szenario des „schlechten“ Zeugnisses beschäftigt. Weil die Bewertung eines Zeugnisses von der individuellen Zielsetzung und Herausforderung abhängt, gibt es in der Mehrzahl aber „gute“ Zeugnisse. Und auch für diesen Fall wollen wir einen kurzen Input geben.
Bringt ein Kind ein erfreuliches Zeugnis mit nach Hause, sollten die Eltern das Kind überschwänglich und ohne jede Einschränkung loben. Eltern sollten dem Kind deutlich machen, wie sehr sie sich freuen. Ein solcher Erfolgstag sollte zelebriert und gefeiert werden. Am besten, indem die gesamte Familie etwas gemeinsam unternimmt.
Die Eltern sollten zudem hervorheben, dass die guten Leistungen nicht vom Himmel gefallen sind. Das Kind hat sich ein Halbjahr lang angestrengt und für die guten Noten gearbeitet. Dies zu betonen, ist gerade für jüngere Kinder wichtig. Denn so lernen sie, dass sie mit ihrem Handeln auf Erfolg oder Misserfolg einwirken können.
Genauso wichtig wie das Lob selbst, ist es dieses nicht zu relativieren oder mit einem unreflektierten Kommentar zu entwerten. Sätze wie: „Warum nicht gleich so“ betonen das Negative.
Ein Halbjahreszeugnis ist immer nur eine Zwischenbilanz und sollte deshalb keinesfalls überbewertet werden. Gerade in Zeiten der Pandemie nicht! Die Idee, angesichts der aktuellen Schulsituation auf Halbjahrzeugnisse zu verzichtet, und so Millionen Familien den (Noten-) Druck zu nehmen, ist vom Tisch! Jedes Kind erhält früher oder später ein Halbjahreszeugnis. Wann dieses genau vergeben wird, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. In Bayern ist es bspw. erst am 5. März 2021 soweit! In NRW hingegen hält man am bisherigen Datum fest, räumt den einzelnen Schulen aber Flexibilität ein: So kann jede Schule selbst entscheiden, ob sie die Zeugnisse persönlich, postalisch oder in Ausnahmefällen sogar digital bereitgestellt. Die Halbjahreszeugnis-Befürworter argumentierten, dass bis Mitte Dezember Präsenzunterricht möglich gewesen sei. Unter welchen Rahmenbedingungen dieser stattfand, scheinen jene Führsprecher allerdings zu übersehen. Denn, ob der Unterricht im Herbst gut oder schlecht funktionierte, war stark vom Bundesland, der jeweiligen Schule und dem Engagement der Lehrer*innen abhängig. So wird Bildung leider zur Glücksache!
Machen Sie sich und Ihr Kind unabhängig von dieser Situation und legen bereits jetzt den Grundstein, um entspannt und sorgenfrei durch das 2. Halbjahr zu kommen. Nehmen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind an unserem kostenlosen Online-Familienseminar teil. Dort stellen unsere Lernexpert*innen in kompakten 75 Minuten Übungen, Techniken & Tipps vor, die sich leicht in den Lernalltag integrieren lassen und die Ihrem Kind dabei helfen, die besonderen Herausforderungen, die Schule im Lockdown mit sich bringen, zu meistern. Bereits im Seminar lernt Ihr Kind eine Merktechnik kennen, die sonst nur Gedächtnisweltmeister verwenden. Sie werden verblüfft sein.
Einen Termin und alle weiteren Informationen zu unserem kostenlosen Familienseminar finden Sie hier: https://www.akademie-lernpaedagogik.de/familienseminar/